Warum brauchen wir in Hamburg eine aktive Mieter*innenbewegung?
Übergabe der Unterschriften am 19. Oktober 2020
Die Entwicklung der Mieten war im letzten Jahrzehnt dramatisch: Von 2011 – 2017 stiegen die Mieten bei Wiedervermietung um 27%, bei Erstvermietung sogar um 32%. 2018 hatte Hamburg mit durchschnittlich 10,30 Euro/qm die höchsten Nettokaltmieten unter allen Bundesländern. Zugleich sank die Zahl der Sozialwohnungen (1. Förderweg) von 100.000 in 2011 auf unter 80.000 im Jahr 2019. 368.000 Haushalte haben ihrer Einkommenshöhe nach einen Anspruch auf eine Sozialwohnung (1. Förderweg.)
Wohnen in Hamburg wird für immer mehr Menschen mit geringen oder mittleren Einkommen zum Luxus. Auch für kleine Gewerbetreibende sind die Mieten in ihren angestammten Quartieren zunehmend nicht mehr zu bezahlen.
Zugleich vertreiben Unternehmen wie Vonovia und Akelius Menschen durch Luxussanierungen und exorbitante Mietsteigerungen aus ihren Wohnungen, gibt es aus spekulativen Gründen Leerstand, werden – selbst von der SAGA – ehemalige Sozialwohnungen zu Höchstpreisen verkauft.
Der Senat lobt seine Wohnungsbaupolitik in höchsten Tönen, lässt aber zu mehr als 70% hochpreisige Mietwohnungen und Eigentumswohnungen bauen und treibt damit das Mietniveau weiter in die Höhe. Dafür stellt er fortwährend öffentlichen Grund zur Verfügung.
Schon vor Beginn der Corona-Pandemie war die Mietfrage das größte soziale Problem in Hamburg. Familien, die jetzt auf Kurzarbeitergeld angewiesen sind, haben bei hohen Mieten oft schon vor Monatsende kaum noch Geld für den laufenden Lebensunterhalt. Zwangsräumungen finden auch während der Pandemie statt. Durch zahlreiche Insolvenzen in 2021 und das Auslaufen der Kurzarbeitergeldes nach der Bundestagswahl wird die
Zahl der Arbeitslosen erheblich zunehmen. Viele Tausend Familien zusätzlich werden nicht wissen, wie sie ihre Mieten bezahlen sollen – die ja weiter steigen.
Vor allem vom Netzwerk Recht auf Stadt wurden vor einigen Jahren noch Tausende zu Demonstrationen gegen die beschriebenen Probleme mobilisiert. In den letzten Jahren ist es, abgesehen von Aktivitäten in einzelnen Stadtteilen, ruhig geworden. Das muss eine Ruhe vor dem Sturm werden!Mietwucher, Luxussanierung, Leerstand trotz Wohnungsmangel, Vernachlässigung von Wohnungsbeständen, Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen: Alle diese Probleme haben eine Hauptursache: Die Privatisierung von Boden und Wohnungen. Seit vor 30 Jahren der gemeinnützige Wohnungsbau abgeschafft wurde, sind bundesweit Millionen ehemals preisgünstiger Wohnungen privatisiert worden. Wohnungskonzerne wie Deutsche Wohnen, Vonovia und Akelius, die jedes Mittel nutzen, um die Rendite für ihre Eigentümer (z. B. BlackRock) zu erhöhen, bekommen immer größeren Einfluss auf den Wohnungsmarkt.
Das Recht auf eine menschenwürdige Wohnung darf nicht von Geldbeutel abhängen. Es ist an der Zeit, Widerstand gegen die beschriebenen Probleme zu organisieren und die Stadt zu zwingen, ihre Boden- und Wohnungspolitik grundlegend zu ändern. Boden und Wohnungen dürfen nicht mehr privatisiert und zur beliebig handelbaren Ware werden, Sozialwohnungen müssen dauerhaft günstig bleiben, Mietenerhöhungen müssen gestoppt und teilweise gesenkt werden (Mietendeckel), Wohnungskonzerne sind zu enteignen und die Wohnungen in Gemeineigentum zu überführen.Es ist viel zu tun – packen wir`s gemeinsam an!