Das Volksbegehren vorbereiten – jetzt!

Bericht von den Besprechungen beim wohnungspolitischen Ratschlag am 31. März und bei der Konferenz am 21. April

Unterschriftensammlung am 4.8.2020 in Altona

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Nach dem Erfolg der beiden Volksinitiativen 2020 finden zur Zeit Verhandlungen mit Bürgerschafts- und Senatsvertreter*innen statt, um auszuloten, ob es eine Lösung ohne die weiteren Stufen der Volksgesetzgebung (Volksbegehren, Volksentscheid) gibt. Wir haben dort Modellrechnungen vorgelegt, nach denen es möglich ist, mit Zuschüssen in einer Höhe, wie sie für den sozialen Wohnungsbau (1. Förderweg) üblich sind, Wohnungen zu errichten, bei denen die Miete den Sozialwohnungssatz (z.Zt. 6,80 €) nicht überschreitet, ohne dass die Bindungsfrist ausläuft – also für immer. Wir sind allerdings nicht sehr optimistisch, dort Entscheidendes durchsetzen zu können, weil die Positionen weit auseinanderliegen.

Ein Termin fürs Volksbegehren (VB) liegt noch nicht endgültig fest. Rein rechnerisch fände die dreiwöchige Unterschriftensammlung im Januar/Februar 2022 statt – das wäre sehr ungünstig. Wir hoffen, den Termin wegen der Corona-Krise aufs Frühjahr verschieben zu können. Sicher ist: Das wird kein Spaziergang. Wir müssen dabei innerhalb von drei Wochen mindestens 65.000 gültige Unterschriften sammeln – also viel mehr in viel kürzerer Zeit als 2020. Deshalb wollen wir frühzeitig mit den Vorbereitungen beginnen. Wir müssen erreichen, dass die Menschen in der ganzen Stadt schon vor Beginn der Sammlung gut über unsere Anliegen informiert sind. Dafür müssen wir viele Unterstützer*innen gewinnen, die in den kommenden Monaten die Öffentlichkeit informieren und bereit sind, am Tag des Beginns schlagartig täglich Unterschriften einzusammeln.

Um die Öffentlichkeit auf das bevorstehende Volksbegehren aufmerksam zu machen und dafür zu mobilisieren, sind Plakate, Flugblätter, Aufkleber und andere Materialien erforderlich. Diese müssen entworfen, gedruckt und an Helfer*innen und Interessierte verteilt werden. Die Plakate müssen aufgestellt und vierzehntägig mit neuen Aufklebern versehen werden.1

Wir sollten in allen Stadtteilen präsent sein und Kontakte in vielen gesellschaftlichen Bereichen aufbauen, z.B. im Kulturbereich, in Schulen und Hochschulen, in Jugendeinrichtungen und Sport, in Kirchen und Vereinen, in Gewerkschaften und Parteien.

Wir sollten dafür sorgen, dass die Medien über die Thematik berichten. Im Internet gilt es, fortlaufend Informationen über Twitter, Facebook, Instagram und andere soziale Medien zu verbreiten, um insbesondere junge Menschen zu erreichen. Unsere Internetseite muss gepflegt und stets aktuell sein.

Wer beim Volksbegehren brieflich abstimmen möchte, kann eine Briefeintragung beantragen. Die Frist dazu beginnt drei Wochen vor der übrigen Sammelperiode.2 Wir sollten für die Briefeintragung werben. Dies muss organisiert werden.

Sobald der Termin der Unterschriftensammlung für das Volksbegehren feststeht, müssen Daten (Zeit, Ort, Umstände) über wichtige Veranstaltungen und andere Events zusammengetragen werden, bei denen die Aussicht auf besonders erfolgreiches Sammeln besteht. Das Sammeln in Bahnhöfen, insbesondere an U- und S-Bahnhöfen, wird manchmal von dortigem Personal verhindert, ist aber seit dem Fraport-Urteil erlaubt.3 In Gesprächen mit den HVV-Gesellschaften (Hamburger Hochbahn AG, Bundesbahn u.a.) muss erreicht werden, dass diese ihr Aufsichtspersonal entsprechend instruieren.

Während der dreiwöchigen Sammelperiode sollen an vielen Stellen in der Stadt Unterschriften gesammelt werden. Wir rechnen gegenwärtig mit 30-50 Standorten, an denen sich je nach Erfolgsaussicht 4-8 Stunden pro Tag Freiwillige oder Hilfskräfte um Unterschriften bemühen. Dies muss organisatorisch gut vorbereitet werden.


Einzelpunkte der Diskussion

a) Dezentrale Teams

Die Volksinitiative zur Enteignung von Wohnungskonzernen in Berlin stützt sich stark auf dezentrale Teams („kiezteams“). Wir sollten in Hamburg jetzt auch mit dem Aufbau solcher Teams beginnen. Zum Beispiel können Mieterinitiativen als Kristallisationskern für Teams in einzelnen Stadtteilen wirken. In den Gewerkschaften, die uns unterstützen (GEW, ver.di, NGG) sollten auch solche solche Teams aufgebaut werden. In Berlin unterstützt auch die IG Metall die Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ und der DGB gehört zu den Trägern der bundesweiten Kampagne „Mietenstopp“; auch dort bestehen also gute Chancen.

Sind die Mitglieder der Mietervereine aktivierbar? Im vergangenen Jahr gelang das nur sehr begrenzt. Die Mietervereine könnten z.B. durch persönliche Anschreiben versuchen, einzelne Mitglieder zu mobilisieren. Das gelingt am ehesten bei besonderen Problemen und Aktionen in einzelnen Stadtteilen.

Weitere Teams sollten in Jugend- und Sportvereinen (z.B. Landesjugendring, St. Pauli-Fans), Schulen (z.B. über Schüler*innen-Vertretungen und Lehrergruppen), Hochschulen (z.B. über ASten und gewerkschaftliche Hochschulgruppen) in der Theater- und Künstlerszene, in Kirchen/Diakonie/ Caritas und anderen Bereichen gegründet werden. Dazu brauchen wir viele einzelne engagierte Unterstützer*innen, die dies in die Hand nehmen.

Die Tätigkeiten der Teams bilden das Rückgrat der Vorbereitung auf das Volksbegehren und später der dreiwöchigen Unterschriftensammlung. Ihre wichtigste Aufgabe besteht zunächst in der Weitergabe von Informationen: Vor Beginn des Volksbegehrens müssen möglichst viele Menschen darüber informiert sein, welche Wohnprobleme in Hamburg herrschen und warum die beiden Volksinitiativen diese und keine anderen Forderungen stellen. Eine gute Quelle für die Information bildet unser Newsletter. Einige Vorschläge für Aktivitäten der Teams:

* Infotische,

* Aufstellen von Plakaten und regelmäßiges Erneuern der Aufkleber, auf denen alle 14 Tage zu neuen zentralen oder dezentralen Veranstaltungen eingeladen wird,

* Informations- und Diskussionsabende

* Telefon-Politik: Ausbau des Netzes der Aktiven durch Aufbauen weiterer Teams in anderen Stadtteilen oder Bereichen im Schneeballsystem,

Manchmal hat es sich sogar bewährt, von Haustür zu Haustür zu gehen und Menschen anzusprechen.

Sobald es wärmer wird, kann man im Freien Kundgebungen veranstalten, z. B. bei Einkaufszentren und Märkten.

Eine weitere Möglichkeit zur Unterstützung der Volksinitiativen besteht darin, in verschiedenen Gruppen und Vereinen immer wieder über die Hamburger Wohnungspolitik und über Neues von den Volksinitiatven zu berichten und auf Infotischen und bei anderen Aktivitäten das Thema einzubeziehen und auf das bevorstehende Volksbegehren hinzuweisen.

Der Lenkungskreis wird diese Aktivitäten gern mit Materialien (z.B. Plakaten, Flyern, Aufklebern) unterstützen. Ihre Mitglieder kommen auch gern zu dezentralen, von Teams organisierten Treffen und Veranstaltungen, um Informationen weiterzugeben oder an Diskussionen teilzunehmen.

In einigen Stadtteilen gibt es Subkulturen von Menschen ausländischer Herkunft, die wir zu erreichen versuchen sollten, z.B. islamische Kulturvereine und Vereine von polnischen und russischen Aussiedlern. Dazu sollten Informationsblätter ins Türkische, Polnische und Russische übersetzt werden. Auch dort ist – wie überall – persönliche Kontaktaufnahme wichtig.

b) Diskussion über unser Verhältnis zur Umweltbewegung

Es ist nötig, dass wir unser Verhältnis zur Umweltbewegung noch gründlicher diskutieren. Unsere Initiative tritt dafür ein, dass viele Wohnungen gebaut werden. Es trifft oft auf Kritik, dass dazu oft Bäume gefällt und Grünflächen in Anspruch genommen werden. Die Diskussion darüber haben wir vor einiger Zeit begonnen (siehe dazu auch den Beitrag „Warum ‚Bauen, Bauen, Bauen!‘ falsch ist“ in diesem Newsletter) und werden sie in den kommenden Monaten noch gründlicher fortsetzen.

c) Plakate, Flyer, Social Media

An den bisherigen Plakaten der Volksinitiativen ist von Unterstützern oft Kritik vorgetragen worden. Sie seien zwar künstlerisch ansprechend gestaltet, aber z.T. schlecht lesbar. Die Texte (Bezeichnungen der Volksinitiativen) sagen Uninformierten nichts – sie sind erklärungsbedürftig. Wir brauchen kurze, eingängige Slogans ähnlich wie in der Wahlwerbung und nicht nur 1 Plakat, sondern mehrere mit verschiedenen Aussagen, außerdem mit einem auffälligen QR-Code für Leute, die mehr wissen wollen. Ähnliches gilt für die Flyer.

Mit dem Aufstellen der Plakate sollten wir bald in der ganzen Stadt beginnen, das sorgt für Diskussionsstoff. Wenn wir jetzt bald damit anfangen, können wir vielleicht sogar im Bundestagswahlkampf beim Thema Wohnen Einfluss auf die Diskussion nehmen (z.B. in Wahlkampf-Veranstaltungen). Gut geeignet sind auch peppige Wandzeitungen in Stadtteilen, betreut von lokalen Teams.

Beschlüsse:

Wir bilden drei Arbeitsgruppen:

1. Öffentlichkeitsarbeit: Social media, Entwicklung von neuen Plakaten und Flyern mit guten, kurzen Texten und ansprechender Gestaltung.

2. Unterstützerkreis

3. Wie geht soziale und ökologische Baupolitik?

Die Arbeitsgruppen tagen bald und legen auf dem nächsten Termin erste Ergebnisse vor.

Nächster Termin: MI 19. Mai 2021, 19 Uhr.

  1. Das Aufstellen von Plakaten ist in Hamburg nur zur Bekanntmachung von Veranstaltungen zulässig, und zwar nur 10 Tage vor und drei Tage nach dem Termin. Daher müssen etwa vierzehntägig immer wieder neue Aufkleber aufgetragen werden, die auf die nächste Veranstaltung hinweisen. Diese Veranstaltungen können genutzt werden, um regelmäßig Informationen zu verbreiten und über aktuelle Entwicklungen und Probleme zu beraten.
  2. Vgl. Hamburgisches Gesetz über Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid, § 6(2) und § 13.
  3. Bundesverfassungsgerichtsurteil v.22.2.2011 (1BvR 699/06), vgl. https://www.bundesverfassungsgericht.de/ SharedDocs/Entscheidungen/DE/2011/02/rs20110222_1bvr069906.html.