Die Pläne der neuen Bundesregierung im Bereich Bauen und Wohnen
Blick auf den Koalitionsvertrag der Ampelregierung
400.000 neue Wohnungen pro Jahr in Deutschland (über 100.000 mehr als bisher), davon 100.000 gefördert
Die neue Bundesregierung will pro Jahr in Deutschland insgesamt 400.000 Wohnungen errichten lassen. 100.000 davon sollen gefördert werden.
Eine Mietpreisbindung ist vorgesehen.
Es sollen zusätzliche Bauflächen beschafft und Planungs- und
Genehmigungsverfahren beschleunigt werden. Um den Wohnungsbau zu fördern, sind Steuererleichterungen vorgesehen; die lineare
Abschreibung von Wohngebäuden soll von 2% auf 3% erhöht werden.
Dazu gibt es viele kritische Stimmen:
- Angesichts der stark steigenden Preise in der Bauwirtschaft, die durch den Bauboom sicher noch weiter in die Höhe getrieben werden, werden diese Ziele nur schwer zu erreichen sein.
- Gegen die hohe Umweltbelastung durchs Bauen (z.B. immer mehr versiegelte Flächen, CO2-Belastung der Baustoffe) wird kaum etwas unternommen. Das nachhaltigste Gebäude ist eins, das nie abgerissen wird. Notwendig sind neben energetischer Sanierung eine flexible, langlebige Bauweise und Umbauten statt Neubauten.
- Drei Viertel der Wohnungen sollen frei finanziert werden. Die Hamburger Erfahrung zeigt, dass dies zu so hohen Mieten führt (untere Grenze: 13-14 €/qm), dass die eigentlichen Probleme, die steigenden Mieten, durch das viele Bauen gar nicht gelöst werden.
- Der Grund für das viele Bauen liegt vor allem im Wachstum der Städte, während gleichzeitig viele Dörfer in ländlichen Gegenden veröden. Eine nachhaltige Politik würde dafür sorgen, dass weniger Menschen in die Städte streben, indem man das Leben auf dem Land vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht attraktiver macht (Gewerbeansiedlung).
Neue Heizungen
Um die CO2-Emmissionen zu senken, sollen neue Heizungen ab 2025 zu mindestens 65% auf der Basis von erneuerbaren Energien betrieben werden.
Dies bedeutet de facto das Aus für Gas- und Ölheizungen. Als
Alternativen stehen vor allem Wärmepumpen, Elektrizität und Holz zur Verfügung.
Neue Gemeinnützigkeit
Die Bundesregierung will die Gemeinnützigkeit im Wohnungsbau wieder einführen.
Bis 1991 wurden gemeinwohlorientierte Wohnungsbaugesellschaften, die bestimmte Bedingungen erfüllten, als gemeinnützig anerkannt. Damit waren Steuererleichterungen und oft auch besondere öffentliche Förderung verbunden. Genossenschaften, Gewerkschaften und andere Einrichtungen haben seit langem die Wiedereinführung gefordert.
Außer den finanziellen Forderungen hat die Gemeinnützigkeit noch einen wichtigen weiteren Vorteil: Sie ermöglicht es Städten und
anderen Gebietskörperschaften, Ausschreibungen mit sozialem
Wohnungsbau nur an gemeinnützige Unternehmen zu richten. Dies galt bisher wegen des EU-Vergaberechts juristisch als problematisch.
Steuerschlupfloch Share Deals
Beim Immobilienerwerb soll das steuerliche Schlupfloch des Share Deals geschlossen werden.
Mietpreisbremse
Die Mietpreisbremse, die Mieten bis zu 10% über ortsüblichen
Vergleichsmieten erlaubt, soll bis 2029 verlängert werden. Das
Instrument gilt als relativ wirkungslos. Eine Verschärfung ist nicht vorgesehen.
Kappungsgrenze in angespannten Wohnungsmärkten gesenkt
In angespannten Wohnungsmärkten soll die Kappungsgrenze (d.h. die Begrenzung von Mieterhöhungen innerhalb von drei Jahren) von 15% auf 11% gesenkt werden, im Durchschnitt also auf 32/3 % pro Jahr. Das liegt jedoch immer noch deutlich über der Entwicklung der Reallöhne in den letzten Jahren.
Mietenspiegel
Mietenspiegel sollen gestärkt und in Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern verbindlich werden. Ihre Auswertungsperiode soll auf sieben Jahre verlängert werden. Dies wird voraussichtlich eine leicht dämpfende Wirkung auf die festgestellten Mietpreisentwicklungen haben.
Mietenspiegel erheben auf Grundlage eines Bundesgesetzes die Daten nicht preisgebundener Wohnungen, allerdings nur diejenigen von Neuvermietungen und von Vertragsänderungen, nicht die Bestandsmieten. Da die darin angegebenen Daten als „ortsübliche Vergleichsmieten“ gelten, mit denen die erlaubten Miethöhen festgelegt werden, tragen sie erheblich zu den allgemeinen Preissteigerungen im Wohnungsbau bei. Ihr Vorteil liegt in der Rechtssicherheit.
1 Vgl. dazu den Beitrag „Der Hamburger Mietenspiegel – PRO und CONTRA“ in unserem Newsletter Nr. 3/2021.
Nebenkostenabrechnungen und Wohngeld
Außerdem haben die Koalitionäre vereinbart, bei den Nebenkostenabrechnungen für mehr Transparenz zu sorgen und das Wohngeld zu stärken.
Resümee
Wohnungspolitisch enthält der Koalitionsvertrag einige Schritte in die richtige Richtung. Diese hätten aber deutlich größer ausfallen können. Beim Wohnungsbau wird auf veraltete Konzepte gesetzt: Der Markt soll‘s richten. Dass das nicht klappt, hätte Bundeskanzler Scholz in seiner Heimatstadt Hamburg lernen können. Die Maßnahmen zur Erreichung der Klimaziele sind anerkennenswert, aber die Lösung der Wohnungsfrage in den großen Städten bleibt dabei nicht genug im Blick. Positiv zu bewerten sind die geplante Wiedereinführung der Gemeinnützigkeit, das Abschaffen der Share Deals, die Senkung der Kappungsgrenze in angespannten Wohnmärkten und andere Einzelheiten.
Vieles ist leider sehr vage formuliert. Es bleib abzuwarten, wie die angekündigten Maßnahmen in der Praxis umgesetzt werden.
Mehr Fortschritt wagen. Koalitionsvertrag 2021–2025 zwischen SPD, Grünen und FDP (https://www.bundesregierung.de/resource/blob/974430/1990812 /a4ceb7591c8d9058b402f0a655f7305b/2021-12-10-koav2021-data.pdf?download=1); https://www.bauwelt.de/rubriken/betrifft/Bauen-und-Wohnen-im-Koalitionsvertrag-ampel-koalition-architektur-spd-gruene-fdp-3711423.html; https://www.dstgb.de/themen/stadtentwicklung-und-wohnen/ aktuelles/koalitionsvertrag-dstgb-analyse-zur-staedtebau-und-wohnungspolitik/; https://www.demo-online.de/artikel/koalitionsvertrag-plant-ampel-wohnen-staedtebau.