Die unendliche Leerstands-Geschichte aus der Jarrestadt, Winterhude und Eppendorf
KEINE PROFITE mit BODEN & MIETE!
Leer stehende Wohnungen Sierichstr. 156-164
Vor fast genau zwei Jahren, zum Jahresanfang 2019, informierte Mieter helfen Mietern (MhM) das Bezirksamt Hamburg-Nord und die Medien über mehr als 30 teilweise seit vielen Jahren leer stehende Mietwohnungen im Jean-Paul-Weg 22–38 und den angrenzenden Straßen Hanssensweg und Stammannstraße. Weitere jahrelange Leerstände von mindestens 20 Altbauwohnungen – zumeist in tadellosem Zustand – wurden in den Häusern an der Sierichstraße 156–164 im Herbst 2019 beim Bezirksamt angezeigt, außerdem mindestens 13 Leerstände in der Gustav-Leo-Str./Ecke Eppendorfer Landstraße. Alle diese Leerstände stellen Verstöße gegen das Hamburgische Wohnraumschutzgesetz dar, welches den Leerstand von Wohnungen von mehr als vier Monaten ohne zulässigen Grund untersagt. Und alle leeren Wohnungen gehören derselben in Luxemburg ansässigen Firma, der HRP Hamburg Residential S.à.r.l., die in Hamburg insgesamt ca. 300 Wohnungen besitzen soll.
Das Bezirksamt zeigte sich damals – trotz vorheriger Kenntnis seit mindestens 2018 – zunächst öffentlich überrascht und alarmiert vom Umfang des Leerstandes und besichtigte teilweise die leeren Wohnungen. Anschließende Vermietungsangebote der HRP für Preise von 25,00 €/m² ahndete das Bezirksamt mit einem Bußgeldbescheid wegen Mietpreisüberhöhung nach § 5 Wirtschaftsstrafgesetz. Zudem will der Bezirk einen Bußgeldbescheid wegen verspäteter Leerstandsmeldung in sechsstelliger Höhe und Wohnungsnutzungsgebote gegen die Eigentümer verhängt haben. Die HRP geht dagegen offenbar mit allen rechtlichen Mitteln vor. Gleichzeitig saniert sie in der Jarrestadt einzelne Wohnungen, hübscht einige in Winterhude und Eppendorf auf und versucht weitere Wohnungen über angebotene Auszugsprämien frei zu machen. Im März 2020 standen dann nach Angaben des Bezirks in der Sierichstraße insgesamt 32 Wohnungen und in der Jarrestadt 49 leer.
Der ganz offen spekulative Wohnungsleerstand der HRP besteht auch im Jahre 2021 nahezu unverändert fort. Die Firma weigert sich weiter erfolgreich, die Wohnungen zu üblichen Konditionen auf dem Wohnungsmarkt zu vermieten. Maximal ein Drittel der vielen leeren Wohnungen in den Häusern wurden mittlerweile saniert oder aufpoliert. Diese Wohnungen wurden einheitlich möbliert und etwa bei einer Größe von 57 qm für üppige 1.200 €/Monat zur Vermietung angeboten. Allerdings vorzugsweise nur an Menschen aus dem nichtdeutschen Rechts- und Kulturraum und auch nur mit einer Mindestmietdauer von 6 Monaten befristet auf maximal 12 Monate. Ganz offensichtlich will sich die HRP einerseits durch die Mindestmietzeit den Bestimmungen des Wohnraumschutzgesetzes entziehen und sich andererseits der Mieter*innen schnell entledigen können, wenn eine lukrativere Verwertung der Wohnungen durch Neuvermietung oder Veräußerung möglich ist. Rechtlich dürfte eine wirksame Befristung der Mietverträge gemäß § 575 BGB zwar nicht möglich sein, es wird aber auf die Unkenntnis der Mieter *innen oder deren fehlendes Interesse an der Fortsetzung gebaut.
Das Vorgehen der HRP setzt darauf, dass das Wohnraumschutzgesetz nach jahrelangem Leerstand jetzt wegen der Mindestmietzeit hier nicht mehr greift und dass den Mieter*innen die Unwirksamkeit der Befristung nicht bekannt oder egal ist. Dies ist so zielgerichtet wie niederträchtig. Wenn das Hamburgische Wohnraumschutzgesetz derzeit nicht ausreichend Möglichkeiten bietet, solchen Machenschaften zu Lasten von Hamburgs Mieter*innen das Handwerk zu legen, dann muss es dringend nachgebessert werden. Dass so viele gut gelegene und leicht vermietbare Wohnungen fortdauernd über so viele Jahre aus spekulativen Gründen auf dem beengten Wohnungsmarkt leer stehen können, ist ein Armutszeugnis für die Regierung und Verwaltung. Der Bezirk muss endlich eine ordentliche Vermietung durchsetzen. Der Wohnraum wird dringend benötigt.
RA Marc Meyer, Hamburger MietervereinMieter helfen Mietern e.V.