Volksinitiative 1

Boden & Wohnraum behalten –

Hamburg sozial gestalten!

Bürgerschaft und Senat werden aufgefordert, eine soziale Infrastruktur – und Wohnraumversorgung durch folgende Maßnahme zu fördern:

Die Stadt Hamburg veräußert grundsätzlich keine Grundstücke und Wohnungen in Hamburg mehr. Diese Regelung umfasst das gesamte unmittelbare und mittelbare Landesvermögen. Bei Landesbeteiligungen und Körperschaften der Stadt sind Senat und Bürgerschaft verpflichtet, ihre Gesellschafter- und Aufsichtsrechte zu nutzen, um Veräußerungen zu verhindern. Ausnahmen kann die Hamburgische Bürgerschaft bei besonderem öffentlichem Interesse beschließen.

Begründung:

Steigende Mieten und das Fehlen preisgünstiger Wohnungen belasten immer mehr Hamburger*innen. Luxusmodernisierungen, Umwandlungsdruck und das Auslaufen der Sozialbindungen verschlimmern die Situation. Die Zahl der öffentlich geförderten Wohnungen wird trotz des Baubooms in Hamburg immer kleiner. Städtische Flächen für soziale Infrastruktur und Stadtentwicklung fehlen.Warum ist das so? Städtische Immobilienmärkte sind zum Tummelplatz nationaler und internationaler Investoren jeder Couleur geworden. Jahrzehntelang hat zudem der Hamburger Senat städtische Flächen vornehmlich zu höchsten Preisen an Investoren verkauft und damit die Grundstückspreise und Wohnungsmieten mit in die Höhe getrieben. Wohnungen sind deshalb zunehmend in der Hand von Unternehmen, die auf Kosten der Mieter*innen auf maximale Gewinne ausgerichtet sind. Die Absichtserklärung des Senats, in Zukunft Grundstücke vermehrt im Wege des Erbbaurechts zu vergeben, halten wir nicht für ausreichend.

Wir fordern, dass zukünftig grundsätzlich keinerlei städtische Grundstücke mehr privatisiert werden.

Boden ist wie Wasser und Luft kein Gut wie jedes andere. Das Bundesverfassungsgericht hat schon 1967 in einem Beschluss zu Art. 14 Grundgesetz festgestellt: „Die Tatsache, dass der Grund und Boden unvermehrbar und unentbehrlich ist, verbietet es, seine Nutzung dem unübersehbaren Spiel der freien Kräfte und dem Belieben des Einzelnen vollständig zu überlassen.“ Städtische Grundstücke sind die Voraussetzung für jede soziale und ökologische Stadtentwicklung, günstigen Wohnraum, soziale Infrastruktur, Erholung und andere öffentliche Interessen. Sie müssen für heutige und künftige Generationen zur gesellschaftlichen Verfügung stehen statt zur Ware zu werden. Der Bestand muss gehalten und vergrößert werden.

Damit die Stadt Hamburg eine ausreichende Anzahl dauerhaft preisgünstiger Wohnungen für die Bürger*Innen bereitstellen kann und darüber hinaus Flächen für Kitas, Schulen usw. zur Verfügung stehen, ist es erforderlich, dass die Stadt dauerhaft Einfluss auf den Umgang mit städtischem Grund & Boden nehmen kann.

Deshalb fordern wir:

– Die Stadt darf keine Wohnungen und Grundstücke mehr verkaufen. Da schon jetzt viele öffentliche Aufträge von privatrechtlichen Unternehmen in städtischer Hand ausgeführt werden (z. B. SAGA), muss das Verkaufsverbot auch für Unternehmen gelten, die mehrheitlich der Stadt gehören.– Statt Grundstücke zu veräußern, soll die Stadt selber für eine soziale Nutzung im Sinne der Bürger*innen sorgen oder die Grundstücke i.d.R. im Wege des Erbbaurechts auf Zeit vergeben: die Stadt bleibt hierbei Eigentümerin des Grundstücks, der Erbbauberechtigte errichtet und unterhält ein Gebäude, das ihm gehört. Über die Höhe des Erbbauzinses kann die Stadt die Einhaltung der sozialen Zielsetzungen steuern.– Ausnahmsweise darf der Senat bei besonderem öffentlichen Interesse Grundstücke noch veräußern, z. B. um bei bereits angebahnten Rechtsgeschäften Schadensersatzansprüche abzuwenden oder bei einem sinnvollen Tausch von Grundstücken. Um Umgehungen der Volksinitiative zu vermeiden und dies öffentlich kontrollierbar zu machen, müssen die Ausnahmen aber von der Hamburgischen Bürgerschaft beschlossen werden.

Durch die Verwirklichung der oben genannten Maßnahme nimmt die Zahl der dauerhaft bezahlbaren Wohnungen in Hamburg mittelfristig wieder zu, und die Stadt behält als Eigentümerin dauerhaft Einfluss bei der Vergabe und Nutzung von Flächen für Schulen, Kitas, soziale Einrichtungen und andere öffentliche Belange. Sie behält die Möglichkeit, Stadtentwicklung sozial und ökologisch zu gestalten. Eine steigende Anzahl preisgünstiger Wohnungen wirkt sich langfristig dämpfend auf das Mietniveau insgesamt aus.

Der Erfolg dieser Volksinitiative hätte zwar zur Folge, dass der Landesbetrieb Immobilien und Grundvermögen nicht mehr wie bisher jährlich 35 Mio. Euro Veräußerungsgewinne an den Haushalt der Stadt Hamburg abführen kann, sondern ggf. einen deutlich geringeren Betrag. Dafür bleiben aber die Grundstücke im Hamburger Vermögen. Außerdem können etwaige Mindereinnahmen mittelfristig u. a. dadurch kompensiert werden, dass die Stadt hohe Ausgaben für die Kosten der Unterkunft von rund 230.000 Transferleistungsempfänger*innen einspart, wenn eine erhebliche Anzahl zusätzlicher preiswerter Mietwohnungen auf den im Eigentum der Stadt verbleibenden Grundstücken gebaut und für Leistungsempfänger zur Verfügung gestellt werden (schon im Jahr 2014 wurden für derartige Unterkunftskosten 652,9 Mio. Euro aus dem Haushalt der FHH gezahlt).

Da sich die bisherigen Bestrebungen von Senat und Bürgerschaft, die Mieter*innen und Bürger*innen wirksam zu schützen, als untauglich erwiesen haben, müssen die Hamburger*innen die Sache selbst in die Hand nehmen. Die Volksgesetzgebung bietet diese Möglichkeit. Damit eine soziale und gerechte Wohnungspolitik Wirklichkeit wird, starten wir diese Volksinitiative.

Für uns gehören die beiden Volksinitiativen „Boden und Wohnraum behalten – Hamburg sozial gestalten!“ und „Neubaumieten auf städtischem Grund – für immer günstig!“ sachlich und inhaltlich zusammen. Ziel ist es, in Hamburg eine soziale Infrastruktur und Wohnraumversorgung mit dauerhaft bezahlbaren Mieten sicher zu stellen. Aufgrund der restriktiven Rechtsprechung des Hamburgischen Verfassungsgerichts zum sog. Koppelungsverbot (unzulässige Verbindung mehrerer Anliegen in einer Volksinitiative), verfolgen wir unser Ziel in zwei gleichzeitigen Volksinitiativen.