Organisierte Gegenwehr:

Erfahrungen der Mieterinitiative Steilshoop

Steilshoop: Erfahrungen mit VONOVIA

Die VONOVIA SE ist ein Finanzinvestor mit ange­schlos­sener Immobilienwirtschaft. Die Vonovia hat in eini­gen europäischen Ländern Immobilien. Es ist das größte börsennotierte Wohnungsunternehmen in Deutschland.  [1]   

[1] Vgl. Gutachten von Prof. Dr. Heinz-J. Bontrup v. August 2018.

Steilshoop - Proteste gegen VONOVIA

In der Großstadtsiedlung Steilshoop verwaltet die Vo­novia 2058 Wohnungen.[2] Das sind ca. 30 % des Woh­nungsbestandes im Quartier. Die SAGA hat 21 % und die Baugenossenschaften 16 %. Die restli­chen Anteile verteilen sich auf kleinere Wohnungs­unternehmen und Privateigentümer. Sozialwoh­nungen gibt es noch 2826 (31,7 %). 40 % der Sozi­alwohnungen fallen bis 2025 aus der Bindungsfrist heraus.[3]

Im Stadtteil haben 54,2 % der Einwohner*innen einen Migrationshintergrund, davon sind 74,9 % unter 18 Jahre alt. Leistungsempfänger*innen nach  SGB II sind 22,4 %, unter den unter 15-Jährigen 43,7 % der Ein­wohner*innen.  

Die Mieterinitiative möchte vor diesem Hintergrund der Sozialstruktur vor allem auch die Mieter*innen aus den unteren Einkommensschichten erreichen. Wir klären die Mieter*innen mit Unterstützung der Mie­tervereine über ihre Rechte auf, damit sie selbst­ständig handeln können. Zweimal im Monat finden Treffen mit Beratung und Informationsaus­tausch statt. Wir organi­sieren Kundgebungen und Protest­aktionen, um öffentlichkeitswirksam unsere Forde­rungen bekannt zu machen.

Vor dem Vonovia-Büro in Wandsbek haben wir im Fe­bruar 2020 den Forderungskatalog pressewirksam übergeben. Die Vonovia-Quartiersmanagerin hat uns zu regelmäßigen Gesprächen eingeladen. Die Mieter­initiative ist im Stadtteilbeirat vertreten und im Quar­tier bekannt. Bei einer Kundgebung auf dem Event­platz in Steilshoop haben wir Unter­schriften für die Volksinitiative „Keine“ Profite mit Boden und Miete“ gesammelt. Ein Gesprächtsan­gebot der Quartiers­managerin wurde wegen der Corona Pandemie ver­schoben. Der von den Mie­ter*innen zusammenge­stellte Fragenkatalog an die Vonovia wurde von dieser nur unzureichend beantwortet.


[1]      Vgl. Gutachten von Prof. Dr. Heinz-J. Bontrup v. August 2018.[2]      Die Deutsche Annington AG (im September 2015 umgegründet in VONOVIA SE) erwarb im März 2015 die GAGFAH, der in Steilshoop viele Wohnungen gehören.[3]      Vgl. Statistikamt Nord, Berichtsjahr 2019.

Steilshoop VONOVIA

Bis 2025 sollen alle Wohnringe der Vonovia moder­ni­siert werden.[1] Die von der jetzigen Modernisierung be­troffenen Mieter*innen sollten zu Mieter-Infoveran­staltungen eingeladen werden. Diese haben jedoch wegen der Corona Beschränkungen nicht stattgefunden. Viele Mieter*innen beklagen die un­zureichende Information und die unkoordinierten Baumaßnahmen. So wurden Fenster in der kalten Jahreszeit ausgetauscht ohne Rücksicht auf Familien mit kleinen Kindern. Tagelang wurden Wohnungen ohne ausreichende Isolierung belas­sen, während Mieter*innen im Home-Office arbei­teten und schul­pflichtige Kinder zu Hause lernen mussten. Eine Unter­bringung in einer anderen Wohnung wurde den Betroffenen nicht angeboten.

Die wegen der Modernisierung angekündigten Miet­erhöhungen der Vonovia sind in der genann­ten Höhe nicht gerechtfertigt. Die Wohngebäude wurden seit 20 Jahren nicht instandgesetzt. Not­wendige Sanierungs­maßnahmen wurden lange aus Kostengründen, d.h. aus Profitgier, nicht durch­geführt. Das Landgericht Hamburg hat im Januar 2020 einer Mieterin Recht gegeben, die gegen die Mieterhöhung wegen Moder­nisierungen geklagt hatte. Die Vonovia wollte die Nettokaltmiete von monatlich EUR 461,19 um EUR 113,01 auf EUR 574,20 erhöhen. Es war eine Einzelfall­entscheidung. Mit Hilfe der Mietervereine können aber betroffene Mieter*innen gegen die Modernisie­rungs-Mieterhöhung Klage einreichen.


Auch die Heiz- und Betriebskostenabrechnungen der Vonovia sind nicht transparent und häufig überhöht. Mit Unterstützung der Mietervereine kann Einspruch gegen die Betriebskostenabrechnung eingelegt wer­den.Mängel, z.B. undichte Fenster in den Wohnungen, werden oft nicht beseitigt. Bei Schimmelbildung wird den Mieter*innen vorgeworfen, die Räume nicht aus­reichend zu lüften.

Die Mieterinitiative ist bundesweit im Aktionsbündnis der Vonovia -Mieter*innen aktiv. Das Bündnis hat 2019 vor der Hauptversammlung in Bochum eine Pro­testaktionen veranstaltet. Regel­mäßig nehmen aktive Teilnehmer an den zentralen Veranstaltungen teil, um Erfahrungen auszutau­schen und Aktionen vorzuberei­ten.

Die Mieterinitiative Steilshoop wurde von der Bundes­geschäftsstelle DIE LINKE im Rahmen „Linke Modell­projekte in einkommensarmen Nachbarschaften“ un­terstützt. Es wurden mehrtägige Workshops organi­siert und die Methoden des Organizings umgesetzt.Vor der Corona-Pandemie haben regelmäßig 20 inter­essierte Mieter*innen an den Treffen der Initiative teilgenommen. Der Mieterverein hat vor den Treffen eine Beratung angeboten. Die Mie­ter*innen handeln selbstbewusst, um ihre Rechte gegenüber der Vonovia durchzusetzen. Wir machen deutlich, das nur gemein­sames Handeln zum Erfolg führen kann. Wir setzen uns auf der politischen Ebene für einen Mietendeckel wie in Berlin und für die Enteignung des Vonovia-Kon­zerns ein.

Zur Zeit bieten wir Video-Konferenzen an, um den Kontakt zu den Mieter*innen nicht zu verlieren.   

[3] Die Wohnringe sind Anfang der 1970er Jahre in geschlossener Bauweise mit unterschiedlich hohen Häusern errichtet worden. Dazu gehören große Innenhöfe mit Spielplätzen, Grillplätzen und anderen Treffpunkten der Bewohner.