Wohnen in Hamburg – noch bezahlbar?

Wer in Hamburg eine neue Wohnung sucht, hat Probleme. In den meisten Stadtteilen sind die aktuellen Mieten kaum noch bezahlbar.

Vorbild Wien


Die österreichische Hauptstadt Wien hat etwa genauso viel Einwohner wie Hamburg. Die Stadt hat nie den Fehler gemacht, öffentliche Wohnungen zu privatisieren. Etwa die Hälfte der Bevölkerung lebt in einer der 420.000 Wohnungen der Gemeinde oder der Genossenschaften. Die Wohnkostenbelastung gemessen am Einkommen liegt für die Mieter bei 21 %. Von den Neubauten sind etwa zwei Drittel öffentlich geförderter Wohnungsbau; dort beträgt die Höchstmiete netto 5 € je Quadratmeter. Jährlich wendet die Stadt Wien etwa 600 Millionen € für die Wohnungsbauförderung auf. In Hamburg waren für 2020 dafür gut 230 Millionen € vorgesehen.

Der Hamburger Senat stellt seine Wohnungspolitik gern als vorbildlich heraus („bauen, bauen, bauen“). Tatsächlich hat die SPD-geführte Regierung seit 2011 den Wohnungsbau stark ausgeweitet, nachdem die schwarz-grüne Regierung zuvor einen großen Wohnungsmangel hinterlassen hatte. Von 2011 bis 2019 wurden in Hamburg fast 62.000 Wohnungen gebaut, allein 2018/19 über 20.000.

Aber die Mietpreise stiegen trotzdem, und sie steigen weiter. Laut Mietenspiegel lag die durchschnittliche „ortsübliche Vergleichsmiete“ in Hamburg 2009 bei 6,76 €; bis 2019 stieg sie auf 8,66 €, also um 28,1 %. (Zum Vergleich: die Inflationsrate betrug in diesem Zeitraum nur etwa die Hälfte.) Nach anderen Quellen war die Zunahme noch stärker. In manchen Stadtteilen liegen die Angebotsmieten heute bei 17 € und noch höher. Woran liegt das?

Die Neubauten reichen nicht einmal für den Zuzug

Ein wichtiger Grund dafür ist, dass Hamburg stark gewachsen ist. Von 2011 bis 2019 hat die Bevölkerung von ca. 1,71 Millionen auf ca. 1,85 Millionen zugenommen. Die vielen neuen Wohnungen haben rechnerisch nicht einmal für die über 140.000 zusätzlichen Einwohner gereicht. Wenn man die durchschnittliche Personenzahl der Hamburger Haushalte (1,8 Personen) zugrunde legt, ergibt sich sogar, dass der Wohnungsmangel trotz Intensivierung der Baumaßnahmen in den letzten zehn Jahren noch weiter gestiegen ist.

Durchschnittliche Mieten in Hamburg
 2009  6,76
 2011  7,15
 2013  7,56
 2015  8,02
 2017  8,44
 2019  8,66

Viel zu hohe Wohnkosten

Daher stiegen die Kosten, die die Hamburger fürs Wohnen tragen müssen, in den vergangenen Jahren stark an. Nach einer repräsentativen Umfrage der Haspa gaben 2018 29 % der Haushalte die Hälfte ihres Einkommens für Wohnkosten aus, 16 % sogar mehr als die Hälfte. Einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung zufolge wären in Hamburg 150.000 Wohnungen erforderlich, um die Wohnkosten der privaten Haushalte erträglich zu halten.

Besonders schlecht dran: Menschen mit geringem Einkommen

Besonders hart ist die Lage für Menschen, die nicht über finanzielle Reserven verfügen. 454. 000 Haushalte in Hamburg (also ca.47% aller Haushalte) hatten Anfang 2019 ein so geringes Einkommen, dass sie Anspruch auf eine Sozialwohnung hatten, allein 368.000 auf eine Wohnung des 1. Förderweges. Zur Verfügung standen aber nur etwa 80.000.

Das Auslaufen der Mietpreisbindung

Im Jahr 2000 gab es noch etwa 157.000 Wohnungen des ersten Förderweges, also der klassischen Sozialwohnungen in Hamburg. 10 Jahre später waren es nur noch etwa 102.000 und Ende 2019 nur noch etwa 79.300. Der Grund dafür ist das Auslaufen der Mietpreis- und Belegungsbindung bei einer großen Zahl von Wohnungen. Dies hat trotz des Neubaus dazu geführt, dass es für Geringverdiener immer weniger Angebote geförderter Wohnungen gibt. Nach einer Prognose der Hamburgischen Investitions- und Förderbank wird die Zahl der Sozialwohnungen bis 2030 auf etwa 60.000 sinken.

Täuschungsversuche des Senats

„Auch in Zeiten von Corona ist in Hamburg im vergangenen Jahr der Bau von mehr als 10.000 neuen Wohnungen genehmigt worden. Damit sei auch unter schwierigen Bedingungen die jährliche Zielmarke erreicht worden, teilten Bürgermeister Peter Tschentscher und Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (beide SPD) mit“, berichtete das Hamburger Abendblatt am 12. Januar 2021.Die Genehmigung von Bauvorhaben ist eins, die tatsächliche Errichtung etwas anderes. Fertiggestellt wurden in Hamburg 2020 deutlich weniger Wohnungen – bis einschließlich November waren es 8852. Auch im Jahr davor blieb die Fertigstellung (9805) deutlich hinter den Genehmigungen (11.632) zurück. Der Grund dafür ist, dass häufig Baugenehmigungen beantragt werden, obwohl gar nicht ernsthaft geplant ist, bald zu beginnen. Das Vorliegen einer Baugenehmigung kann z.B. den Wert eines Grundstücks deutlich steigern.

Dies hängt auch damit zusammen, dass die in Hamburg neu errichteten Wohnungen in den vergangenen Jahren nur zu weniger als 30 % öffentlich gefördert wurden. Das Gros der Neubauten waren frei finanzierte Mietwohnungen und Eigentumswohnungen. Sie werden in der Regel nicht unter 11 € oder 12 € je Quadratmeter netto angeboten, häufig weit teurer.

Angebotsmieten in Hamburger Stadtteilen 2021

Altona-Nord

16,97 €

Barmbek-Nord

14,44 €

Blankenese

15,67 €

Bramfeld

12,04 €

Eimsbüttel

16,36 €

Eppendorf

15,79 €

Farmsen-Berne

11,12 €

HafenCity

21,31 €

Harburg

12,71 €

Langenhorn

12,42 €

Rotherbaum

18,84 €

Sasel

13,07 €

St. Georg

17,64 €

St. Pauli

16,40 €

Veddel

10,61 €

Volksdorf

12,16 €

Autor: Hermann Kaienburg

Quellen:

Hamburger Abendblatt v. 30.12.20 und 12.1.21; www.statistik-nord.de/zahlen-fakten/bautaetigkeit-wohnen (eingesehen 15.1.21).